Sandras und Felix' Reise von Paris zum Mont Saint-Michel
Eine schöne Erfahrung auf La Véloscénie
Eure Namen : Sandra und Felix
Alter : 35 & 30
Woher kommt ihr : Frankfurt am Main, Deutschland
Beste Reiseerfahrung eures Lebens : Die Erkenntnis, dass das Leben nach der Reise davor immer wieder neue Abenteuer parat hat. Gemeinsame Lieblingsdestinationen bislang: Viele Orte zwischen irischer Westküste, den Kinos und Brasserien von Saint-Germain-des-Prés im Herzen von Paris und den Küstenregionen im Norden Deutschlands.
Reisestil und Gedanken über Radreisen : Wir setzen unterwegs am liebsten auf Bus und Bahn und machen als Reisejournalisten auch private Reisen gern irgendwie zur Recherche, was klassische Fahrradreisen allein wegen der Kameraausrüstung logistisch schwierig macht. Doch zum Glück gibt es gute Anbieter, die Reisen auch mit Gepäcktransport organisieren, was unsere Reise mit dem Rad letztlich zu einer der entspanntesten Reiseerfahrungen überhaupt gemacht hat.
© David Darrault
Was hat euch motiviert, ausgerechnet die Véloscénie zu eurer ersten großen Reise mit dem Fahrrad zu machen ?
Darauf, dass es eine eigens geschaffene Radroute quasi quer durch Frankreich gibt, die von Paris ins Grüne und dann durch ganz unterschiedliche Landschaften zur Küste führt, kamen wir eher durch Zufall, hatten aber sofort Riesenlust das Ganze auszuprobieren. Paris ist seit vielen Jahren Felix absolute Lieblingsstadt und Sandra zieht es eigentlich auf jeder Reise immer früher oder später ans Meer. Mit allem, was uns dazwischen erwarten würde, hatten wir uns im Vorfeld eher oberflächlich beschäftigt, was dafür sorgte, dass wir eigentlich jeden Tag neu von der Vielseitigkeit der Region, ihren Landschaften und all den großen und kleinen Dingen, die man unterwegs so findet, überrascht wurden.
Zudem ist die Véloscénie mit ihren 450 Kilometern und ihren eher geringen Höhenunterschieden extrem gut geeignet für Menschen, die das Konzept Fernradweg einfach mal ausprobieren wollen. Wir waren zwar im Sommer 2022 ohnehin viel mit dem Rad unterwegs, weil Sandra gerade an einem Buch zu Radtouren in Deutschland gearbeitet hatte. Trotzdem hatten wir weder Langstreckenerfahrung, noch die richtige Ausrüstung und Erfahrung, um tagelang mit Gepäcktaschen quer durch Frankreich zu fahren. Da kam dann in unserem Fall der Radreiseveranstalter France a Vélo ins Spiel, von dem wir auch Leihräder bekamen. Dank dessen Unterstützung hatten wir die Möglichkeit, mit „normalem“ Reisegepäck, also Koffer und Rucksack, anzureisen und, bevor es losging, noch ein Wochenende in Paris zu verbringen. Danach packten wir für jeden Tag unsere Gepäcktaschen mit Proviant, Kameraausrüstung und regenfester Kleidung (die wir trotz Reisezeit im Oktober kaum benötigten) und es konnte auch schon losgehen.
© Alexandre Leroy
Welche Erfahrungen habt ihr unterwegs in Sachen Beschilderung, zwischenmenschliche Begegnungen und Services gemacht ?
In Sachen Beschilderung hatten wir uns zunächst gewundert, wie still und heimlich die Route mitten in der Innenstadt von Paris beginnt. Irgendwie hatten wir mit einem großen auffälligen Schild gerechnet, das so etwas sagt wie „Zum Mont Saint-Michel hier entlang“ oder so ähnlich. Dass es das nicht gab, fanden wir aber eigentlich sehr charmant, weil es einen eben auch gleich in die Route und ihre Navigation hineinzieht. Denn die Routendaten per GPS sind nicht nur super hilfreich, sondern auch ganz einfach auf dem Handy nutzbar. Generell hatten wir das Gefühl, dass die Beschilderung in den Städten weniger wurde, was allerdings auch daran liegen kann, dass wir durch Gewusel und die Vorfreude auf den Ministädtetrip einfach abgelenkt waren. Auf den meisten Etappen konnten wir dank der gut sichtbaren Beschilderung und den intuitiven Voies Vertes aber auch stundenlang fahren, ohne einmal aufs Smartphone zu gucken.
© Kofferstiftpapier
In Sachen Services und Menschen unterwegs wurden wir allein jeden Tag durch die wahnsinnig netten Unterkünfte überrascht, die perfekt auf Radreisende eingestellt waren. Überall gab es einen abschließbaren Schuppen mit Lademöglichkeit für die E-Bike-Akkus, an manchen Orten sogar Waschmaschine und Trockner, praktisch für alle, die ihr Gepäck immer dabei haben. An manchen Zwischenstopps, etwa an den Wasserfällen von Mortain nur wenige Kilometer abseits der Véloscénie, gibt es sogar die Möglichkeit, Rad und Gepäck gemeinsam in einer abschließbaren Fahrradbox zu verstauen, was einem das Leben deutlich erleichtert. Das menschliche Miteinander war nicht nur in Unterkünften und auf Obsthöfen und in Museen unterwegs wahnsinnig nett – wir kamen auch immer mal wieder mit Leuten ins Gespräch, die zum Spazieren, Gassigehen oder Radeln längs der Route unterwegs waren.
© Kofferstiftpapier
Was waren eure Lieblingsorte und was bleibt euch von der Reise am meisten in Erinnerung?
Wenn man sich zum ersten Mal mit der Véloscénie beschäftigt, geht es vielen ganz sicher ähnlich wie uns, dass man erstmal das Gefühl hat, vom einen Highlight – Paris – zum anderen – dem Mont Saint-Michel – zu radeln. Tatsächlich wurde uns dann aber täglich klar, dass die eigentlichen Highlights unterwegs lagen – und oft dort wo wir sie gar nicht erwartet hätten. In den ersten Tagen waren das etwa der stimmungsvoll herbstliche Wald Forêt de l’Yveline bei Rambouillet, wo sich die bunten Bäume im Wasser spiegeln, oder beim morgendlichen Spaziergang durch Épernon, wo wir an bunten Blumenbeeten vorbei über die steilen Straßen und Gassen schlenderten, während sich langsam der Frühnebel verzog. Insgesamt sind viele große und kleine Städte entlang der Route auf der Liste von Orten gelandet, an die wir irgendwann nochmal zurückkommen wollen. Die bildschöne Stadt Chartres, die wir vor allem bunt beleuchtet spät abends bewundert haben, oder das normannische Städtchen Domfront mit seinen traumhaften Ausblicken über die Landschaft ringsum, wo wir den schönsten Sonnenuntergang auf der Véloscénie erlebten und erstmals Poiré probierten.
© Kofferstiftpapier
An Orten, die man unterwegs besuchen kann, ist auf den Etappen der Véloscénie für jeden Geschmack immer etwas dabei. Wir gehören grundsätzlich eher in die Kategorie Reisende, die lieber viel draußen unterwegs sind und auch mal nach eher unbekannten Perlen suchen statt Schlösser, Kirchen oder Museen zu besichtigen. Trotzdem waren wir in die Schlösser in Maintenon oder Carrouges auf den ersten Blick verliebt, auch weil sie tausend tolle Fotomotive in der Natur bieten. Highlights waren auf jeden Fall auch unser Besuch des Obsthofs La Maison Ferré, dem perfekten Stopp auf der ersten Tagesetappe durch die Normandie, und als Kontrast dazu der Betriebsführung in der Cidre- und Calvados-Manufaktur Domaine du Coquerel in Saint-Hilaire-du-Harcouët, wo man hautnah sehen kann, wie sich Traditionsprodukte auch mal neu erfinden. Und natürlich bleibt auch die finale Tagesetappe im Gedächtnis, wenn schon der Duft von Meer in der Luft liegt und die Silhouette des Mont Saint-Michel am Horizont immer größer und größer wird.
© Kofferstiftpapier
Welche Erfahrungen habt ihr mit der Beschaffenheit der Fernradwege in Frankreich gemacht ?
Wir waren neben der Véloscénie auch einige Kilometer auf der teils parallel verlaufenden Vélomaritime unterwegs und waren wirklich erstaunt, wie einfach und unkompliziert es ist, in Frankreich lange Strecken mit dem Rad zurückzulegen. Viele Etappen führen fast komplett über die so genannten Voies Vertes, die Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, ganz für sich alleine haben. Die grünen, tunnelartigen Wege, in denen sich immer mal wieder „Fenster“ in die Landschaft bieten, sind wahnsinnig entspannt zu befahren und bieten alle paar hundert Meter auch die Möglichkeit, mal vom Weg abzukommen um in Dörfern entlang der Strecke auf Erkundungstour zu gehen. Ein Teil der Strecke führt auch, ebenfalls abseits vom Verkehr, an stillgelegten Bahntrassen entlang.
Die Stellen entlang der Véloscénie, die man im normalen Straßenverkehr unterwegs ist, führen in den allermeisten Fällen über breite Radwege am Straßenrand oder über sehr ruhige Landstraßen oder durch eher abgelegene Ortschaften, auf denen uns nur selten Autos begegnet sind. Situationen, in denen man im Straßenverkehr super vorsichtig fahren muss, haben wir zumindest außerhalb der großen Städte eigentlich keine erlebt.
© Alexandre Leroy
Was würdet ihr Reisenden aus Deutschland raten, die einen französischen Fernradweg fahren wollen?
In drei Worten? Nehmt euch Zeit! Natürlich lassen sich Radwege wie die Véloscénie in zehn Tagen schaffen, es gibt sogar Etappen die sich dank guter Zugverbindungen ganz überspringen ließen. Um die Véloscénie ausgiebig zu genießen, würden wir jedoch raten, die Reise möglichst etwas zu verlängern. Das beginnt schon bei Paris – eine Stadt, die so lebendig und vielseitig ist, dass man sich kaum davon loseisen kann. Hier eine Fahrradtour zu starten und nicht noch wenigstens für einige Stunden die kulturelle und kulinarische Vielfalt der französischen Hauptstadt voll auszukosten, ist eine verschenkte Gelegenheit. Auch für Chartres würden wir uns beim nächsten Mal einen Pausentag gönnen, nicht weil man die Pause auf der Strecke unbedingt bräuchte, sondern einfach weil die wenigen Stunden Einblick in die Stadt dafür sorgten, dass wir wirklich ungern so bald schon weitergefahren sind. Diese Liste lässt sich beliebig um Orte wie Épernon, Mortagne-au-Perche, Alençon, Bagnoles-de-l’Orne oder Ducey ergänzen, für die wir alle nur wenige Stunden oder sogar gerade mal eine kurze Verschnaufpause Zeit hatten.
Wer erstmals auf der Langstrecke unterwegs ist, kann auch gut und gerne wie wir zum E-Bike greifen, da die Strecke zwar generell recht flach ist, aber auch immer mal wieder kleine Bergetappen zu absolvieren sind. Da auch mal auf etwas Unterstützung durch den Motor setzen zu können, sorgt dafür, dass die täglichen Radetappen locker zu schaffen sind, auch wenn man sich vielleicht erstmal ein wenig daran gewöhnen muss.
© Alexandre Leroy
Wie läuft die Anreise aus Deutschland ?
Aus vielen Städten im Süden und Südwesten Deutschlands gibt es auf den Strecken Frankfurt-Paris oder München-Paris inzwischen direkte Zugverbindungen in die französische Hauptstadt, über die man mit einem extra Fahrradticket und Stellplatzreservierung fürs Rad auch recht unkompliziert mit dem eigenen Rad anreisen kann. Die Rückfahrt ist dann aufgrund der Struktur der Pariser Bahnhöfe ein klein wenig umständlich, da Züge aus dem Westen am Bahnhof Montparnasse ankommen, während es nach Osten am Gare de l’Est weitergeht. Wer ohne Fahrrad mit dem Zug anreist und knappe Umstiegszeiten hat, sollte sich auf dem Hinweg in Paris direkt zusätzliche Metro-Tickets organisieren, um unnötige Wartezeiten an den Ticketautomaten zu umgehen.
Wer die Véloscénie mit Leihrad fahren will und z.B. aus Hamburg oder Berlin anreist, für den lohnt sich eventuell auch die Anreise per Flugzeug. Vom Ziel der Véloscénie, dem Mont Saint-Michel kommt man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln recht unkompliziert, zum Beispiel über Rennes zurück nach Paris.
Weitere Informationen auf Sandras Blog
Mehr erfahren :
Alle etappen der La Véloscénie : veloscenic.com oder francevelotourisme.com